Wolfdogs, der Züchter und der Interessent

Brauchen wir wirklich noch mehr Wolfhunde/Wolfdogs?

Dieser Text behandelt die Frage, ob generell Hundemischlinge mit Wolfhundanteil, so genannte Wolfdogs,  gezüchtet werden sollten. Unterschieden werden die Begriffe „Wolfhund“ und „Wolfdog“ folgendermaßen: Als Wolfhund werden hier alle Hunde mit einem Wolfhundanteil bezeichnet. Wolfdogs dagegen sind eine Unterkategorie der Wolfhunde. Es sind Mixe verschiedener Wolfhunde, Wolfshunde und/oder anderer Hunde. Eingegangen wird zunächst auf oftmals problematische Verhaltensweisen bei Wolfhunden allgemein und was sie trotz dieser teils unzumutbaren Herausforderungen zum Modehund werden lassen. Außerdem werden Gefahren bei der Zucht dieser Tiere und mögliche Lösungen aufgezeigt. Schließlich erzähle ich noch von meinem persönlichen Werdegang in der Wolfhunde/Wolfdogzucht und teile meine Gedanken und Entscheidungen dazu.

Wolfdogs züchten? Ein klares Nein. Oder?

Eine unbeschönigte Darstellung des Worst Case Szenarios:

Wolfhunde gelten allgemein meist als schwer erziehbar. Sie sind eine Herausforderung. Wer einen Wolfhund haben will, muss sich selbst und sein Leben nach dem Wolfhund ausrichten. Manch einer sagt auch, einen Wolfhund zu besitzen wäre ein Lifestyle. In den Social Media tauschen sich die Besitzer rege über ihre „Dr. Jekylls und Mr. Hydes“ aus und die meisten Halter sind zudem auch gerne bereit, über ihr Leben mit Wolfhunden zu erzählen – gut gewürzt mit schwarzem Humor versteht sich.

„Star-Allüren“ eines Wolfhundes

Generell wird oft berichtet, dass die „Wölflein“ gerne ausbrechen und daher ein hoher Zaun, am Besten mit Untergrabungs- und Übersprungschutz zu empfehlen ist. Der Garten wird umgestaltet, schließlich sind sie begnadete Höhlenbauer. Alleine bleiben ist auch so eine Sache für sich. Da wird das Mobilar gerne mal umgestaltet und Wohnräume „neu dekoriert“. Stundenlanges Heulen „erfreut“ die Nachbarn.  Und bis das „Wölflein“ stubenrein wird, kann es auch einige Zeit dauern. Manch einer lernt es nie. Es wird oft zum Zweithund geraten. Doch zwei Hündinnen oder zwei Rüden, die zusammen gehalten werden, vertragen sich oft nicht. Das Auto braucht nach jeder Fahrt eine Grundreinigung, da es oft nicht beim Reinsabbern bleibt. Erbrechen, Urinieren und Defäkieren kommt dabei recht häufig vor. Stress ist nicht nur beim Autofahren vorhanden. Viele Wolfhunde sind scheu. Manche lassen sich nicht einmal vom eigenen Besitzer anfassen. Sie neigen zum Fluchtverhalten. Ein normaler Spaziergang mit Menschen- und Hundebegegnungen oder Straßenverkehr ist oftmals sehr stressig für einige und nur schwer können sie sich wieder beruhigen oder regulieren. Und ja. Manche können in solchen Angstsituationen auch aggressiv werden. Außerdem wäre da noch der Jagdtrieb, der ebenfalls nicht unterschätzt werden sollte.

zwei unterschiedliche Welten…

Das Worst Case Szenario tritt ein, wenn sich tatsächlich all die aufgezählten Verhaltensweisen in einem Wolfhund vereinen. Und das ist wohl relativ häufig der Fall, wenn man die Aussagen betroffener Halter hört. Schon ein Zusammentreffen einiger dieser Wesenszüge stellt für viele Besitzer eine Herausforderung dar. Wolfhundeverhalten und Hundeverhalten kann man nicht in einen Topf werfen. Das ist, als würde man Apfel mit Birnen vergleichen wollen.

Richtig gute Wolfdogs, die wenig oder keine dieser Allüren an den Tag legen, sind dagegen ziemlich rar. Das gibt einem zu denken. Man merkt den Wolfhundanteil bei vielen der Tiere deutlich. Manchmal scheint es gar, als würden zwei Welten aufeinander prallen und die Unvereinbarkeit dieser Welten wird nur gar zu deutlich. Und doch, trotz all dieser teils extremen Ansprüche, die ein Wolfhund an seine Halter stellt, entwickelt er sich zum Modetrend. Es scheint so, als wolle man sich ein Rennpferd kaufen, hat aber nicht mal Ahnung vom Aufsatteln…

Der Wolfhund als Modehund

Ja, Wolfhunde sind schön. Sie sind faszinierend, anmutig und wild. Einfach atemberaubend und natürlich eines der Must-Haves für Wolfsfreunde heutzutage. Denn welcher Wolfsfan träumt nicht davon mit solch einem stolzen Tier verbunden zu sein. Sie sind schon sehr beeindruckend und so ein „Sofawolf“ ist doch schließlich was ganz Tolles. Eine romantisierte Vorstellung, die weit weg ist von der Realität.

Runter mit der „rosaroten Brille“

Wie es aber oft so ist, mit romantisierten Vorstellungen, die Realität holt einen schneller ein, als einem lieb ist. Die Wolfhunde werden aus den falschen Gründen angeschafft. Interessenten ist oft nicht wirklich bewusst, auf was sie sich einlassen, reden es sich trotz aller Aufklärung schön oder wollen die Schattenseiten nicht wahrhaben. Manche hören nur, was sie hören wollen. Das ist fatal. In der Psychologie nennen wir dieses Phänomen „Selektive Wahrnehmung“. Und manche „so genannte Züchter“ setzen einfach nur Welpen in die Welt, weil der Wolfhund gerade so in Mode ist, die Nachfrage entsprechennd hoch ist und das schnelle Geld winkt. Auch das ist fatal.

Wer nicht hören will…

Das Ende vom Lied ist, dass viele Halter sich überfordert fühlen, weil sie sich selbst gegenüber nicht ehrlich waren oder weil sie einem „Vermehrer“ auf den Leim gegangen sind. Dann muss das Tier weg, weil es zur Belastung geworden ist. Tierheime nehmen Wolfhunde aber oft nicht auf und Auffangstationen sind überfüllt. Aussetzen oder Einschläfern sollte niemals eine  Option sein, doch zieht manch einer dies mangels Alternativen erschreckenderweise in Betracht. Und oft liest man, dass Junghunde, sobald sie in die Pubertät kommen, ein neues Zuhause suchen, aus privaten Gründen natürlich. Aber den hohen Anschaffungspreis, den will man natürlich schon wieder möglichst verlustfrei einkassieren. Pfui!

Eigene Absichten ehrlich hinterfragen

Die meisten Wolfhunde sind höchst anspruchsvolle, intelligente und sensible Tiere. Sie sollten niemals aus den falschen Gründen angeschafft werden. Auch sollte nicht vorrangig der möglichst wolfsnahen Optik wegen oder rein des Geldes wegen gezüchtet werden. Doch leider beobachte ich immer wieder, dass umso wölfischer ein Wolfhund in seiner Erscheinung ist, dieser umso mehr beklatscht wird. Je mehr Wolfhund Content, desto besser. Doch beides spiegelt sich häufig im Wesen wider. Das ist problematisch, denn die Meisten kommen mit allzu wölfischem Verhalten nicht gut zurecht. Das Tier muss es ausbaden. Prestige, Ansehen und auch Stolz – diese drei Aspekte sind in meinen Augen ein schleichendes Gift und tut weder dem Ruf des Wolfhundes noch dem einzelnen Tier selbst dauerhaft gut. Doch der Preis, der hierfür bezahlt wird, ist hoch. Ich finde diese Entwicklung nicht gut. Ein Umdenken muss stattfinden und zwar sowohl bei den Interessenten als auch bei den Züchtern. Glücklicherweise haben das auch schon einige erkannt.

Es ist Zeit, einen neuen Weg in der Wolfhundezucht zu gehen.

Wolfdogs züchten? Ein klares Ja, aber…

Ja, wir brauchen noch mehr Wolfdogs – aber die Richtigen. Es ist nunmal, wie es ist: Der Wolfhund sitzt einem Modetrend auf, der so schnell nicht vorübergehen wird. Die Nachfrage wird bleiben. Gute Information und Aufklärung von Seiten der Züchter und Halter ist das eine, die eigene Einstellung hinterfragen, Ehrlichkeit und aufrichtige Selbstreflektion von Interessentenseite das andere. Und dann ist da noch der Wolfdog. Ein oftmals mehr oder weniger gut an die menschliche Gesellschaft angepasstes Geschöpf, das zwischen seinem Wolfserbe und seinen Hundegenen hin- und hergerissen ist. Natürlich kann man an dieser Stelle sagen, wir lassen die Zucht dieser Tiere komplett sein. Jedoch löst dies das Problem nicht sondern verlagert es nur. Dann wird möglicherweise vermehrt im Ausland produziert und gekauft und die Probleme bleiben bestehen. Ein No Go.

Qualität vor Quantität sollte stattdessen in der Wolfhundezucht gelten.

Auseinandersetzung mit dem Thema Wolfhund

Als es quasi Ernst wurde mit dem Zuchtgedanken, beschäftigte ich mich intensiv mit den verschiedenen Wolfhunderassen und -mixen. Was mir aber immer wieder auffiel war, dass es wohl sehr schwierig ist, den besonderen Ansprüchen dieser Tiere gerecht zu werden. Schließlich ist das eine Entscheidung fürs Leben und zwar in erster Linie fürs Leben dieses Hundes, dessen Verantwortung ich übernehme.

Interessenten müssen zuhören

In Deutschland gibt es viele interessante und wunderschöne Wolfhunde, die jedoch meist für den Laien (was in meinen Augen jeder ist, der zwar Hundeerfahrung hat, aber nicht mit einem Wolfhund) ungeeignet sind. Viele dieser Tiere landen, wie schon erwähnt, in Tierheimen oder Auffangstationen, da sich die Besitzer übernommen haben. Wolfhunde sind in der Regel keine Einsteigertiere. Sie erfordern Erfahrung, Geduld und eine liebevolle, konsequente Erziehung. Auch Low Contents dürfen in ihren Ansprüchen nicht unterschätzt werden.

Ich verstehe jeden, der sich in Wolfhunde verliebt hat und einen solchen Begleiter in seinem Leben wissen möchte, aber fairerweise sollte sich jeder unbedingt vorher fragen, ob er einem solchen Tier gerecht werden kann. Nicht einfach alle Anforderungen schönreden, sondern sich wirklich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen und sich umfangreich informieren. Hinzu kommt noch die richtige Auswahl des „Wölfleins.“ Welche Art Wolfdog passt zu mir? Eher ein Rassewolfhund oder ein Mix? Welcher Content? Welche Hunderassen sollen mit vertreten sein? Fragen über Fragen mit denen man sich hinreichend auseinandersetzen sollte. Nein, MUSS!!! Es sind eben besonders anspruchsvolle uns sensibleTiere.

Jeder hat die Pflicht zur Selbstinformation und aufrichtigen Selbstreflektion.

Mein Weg in der Wolfhundezucht

Ich gehe bei der Zucht von Wolfhunden einen neuen Weg. Es gibt hierbei noch so viel Potenzial zur Verbesserung. Doch jeder Züchter hier in Deutschland backt seine eigenen Brötchen. Und teilweise geht es in der Wolfhundszene regelrecht toxisch zu. Das finde ich sehr schade.

Teamwork zählt

Wäre es nicht besser, wenn möglichst viele von uns – Wolfhundhalter und -züchter zusammenarbeiten und gemeinsam den Wolfdog optimieren? Ich weiß, in der Szene menschelt es gewaltig. Doch sind wir mal ehrlich. Tut es das nicht überall?  Es liegt doch bei uns und in unserer Verantwortung, in unserem Handeln, etwas zum Positiven zu verändern und zwar mit Sachverstand, Respekt und Ehrlichkeit. Wir lieben unsere Wolfhunde und nur wir können auch – wenn wir zusammenarbeiten – die Wolfhundezucht positiv beeinflussen.

Vom Traum zur Wirklichkeit

Ich weiß natürlich, das klingt erstmal seltsam und nach Wunschdenken. Doch ich selbst bin Idealist und Visionär. Denn wie heißt es so schön: „Träume nicht dein Leben. Lebe deinen Traum.“ Man sagt auch: „Träumer haben keinen Plan, aber Realisten haben keine Visionen. Doch ich habe einen Plan und schließe mich der Sichtweise von Andrea Schneider an, die da sagte: „Träumer sind Realisten, die gelernt haben, daran zu glauben, dass sie durch ihr Tun und das Vertrauen in ihre eigene Stärke das Unmögliche zur Realität machen.“

Dieser Weg hat mich dazu bewogen, Wolfhunde zu züchten und das Projekt „Sylvan Companion Dog“ ins Leben zu rufen. Züchten heißt verbessern sagt man. So ist es und sollte es auch immer sein. Und ich sehe definitiv Vieles, worauf man in der Wolfhundezucht seinen Fokus legen kann. Es gibt jede Menge Verbesserungspotenzial. Mit dem Sylvan Companion Dog Projekt möchte ich diese, meine Vision gerne verwirklicht sehen.

Eine Zusammenarbeit der Züchter ist sinnvoll und notwendig für die Zukunft des Wolfdogs.

Mein Ziel

Auch ich bin stark infiziert mit dem Wolfhundevirus. Das gebe ich offen zu. Ich finde diese Tiere wunderschön und faszinierend. Als ich auf die Suche nach dem passenden Wolfhund für mein Zuchtprojekt war, musste ich jedoch leider feststellen, wie schwierig es sein würde, geeignete Hunde zu finden, die mein Zuchtziel verwirklichen konnten.  So entschloss ich mich schließlich im Low Content Bereich meine Zelte aufzuschlagen. Ich sage auch bewusst, dass es  bei den „Sylvan Companion Dogs“  um ein  Projekt handelt, hinter dem eine Zuchtstrategie steckt. Es geht nicht darum, Wolf(s)hundmixe zu verbreiten, sondern eine einheitliche, gesunde, wesensfeste Linie zu schaffen.

Will-to-Please

Der Gedanke mit der Trainierbarkeit und dem „Will-to-Plesase“ wird von einigen Wolfhundehaltern oftmals leider missverstanden. Schließlich soll der Wolfhund seine „wilde Seite“ behalten, sowie seinen Stolz und seine Würde und nicht zum dressierten Äffchen werden. Allerdings geht es hier weder um Dressur noch um „Kadavergehorsam“. Es geht um Erziehung und Trainierbarkeit und auch um Grundgehorsam. Ich finde, dass man mit einem Hund, der die Grundkommandos beherrscht und eine Grunderziehung genossen hat, einfach mehr Freiheiten hat. So auch der Wolfhund. Zudem kann man damit Vorurteile abbauen und ihn besser in die menschliche Gesellschaft integrieren, wovon er deutlich profitiert.

Für mich gibt es nur diesen Weg. ich wünsche mir, dass dieser allen Wolfhundfreunden hilfreich und nützlich sein wird.

© Susanne Galla