Der Studien-Alltag
Fake-Studien? Das gibt’s doch nicht. Alltäglich verlassen wir uns auf allerlei Produkte – geprüft nach wissenschaftlichen Standards versteht sich. Am Besten noch mit Gütesiegel. Der Verbraucher will schließlich etwas haben für seine Investitionen – für sein sauer verdientes Geld. In der sozialen Marktwirtschaft ist der Wettbewerb riesig. Und meist werden Produkte entwickelt auf Grundlage von Studien – in jeder Hinsicht. Natürlich wird auch im Haustierbereich viel geforscht und untersucht.
Hunde gehören zu unserer Familie. Natürlich wollen wir nur das Beste für sie. Darüber weiß auch die Marktwirtschaft. Aus diesem Grund werden täglich neue Produkte für unsere vierbeinigen Freunde beworben und vielfach auch mit Studien belegt. Sei es ein neuer Zeckenschutz oder ein ganz neu entwickeltes Hundefutter, ergonomische Hundebetten, Brustgeschirre oder Erziehungsmethoden usw. All diese Produkte sollen uns Glauben machen, unseren Hunden aber auch uns das Leben so gesund, so angenehm, so artgerecht wie möglich zu gestalten – mit Studien belegt, versteht sich. Doch ist es wirklich stets das Beste? Oder lassen wir uns möglicherweise oftmals täuschen? Geht es darum, unser Leben und das unserer Mitgeschöpfe zu verbessern und gesund zu halten? Oder profitiert jemand anderes davon mehr, wenn er uns etwas vorgaukelt?
Alles Fake? Täuschung durch die Worte „Studie“, „Forschung“ und „Wissenschaft“
Wir Menschen setzen unser Vertrauen in die wissenschaftliche Forschung. In unserem Alltag berufen wir uns oft auf „die Wissenschaft“ wenn wir ein Argument untermauern wollen. Solche Aussagen, wie „Studien belegen, dass“ oder „XY wurde erforscht und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass“ usw. stützen unser Vertrauen in ebendiese Studien, in ebendiese Wissenschaftler. Wir vertrauen der Forschung. Wir erleben Fortschritt. Und das ist auch gut so. Wie sonst soll Fortschritt entstehen? Ohne wissenschaftliche Forschung würden wir auf der Stelle stehen oder uns gar rückentwickeln.
Wir sind Menschen. Wir streben nach mehr. Das liegt in unserer Natur. Wir entwickeln uns.
Doch was passiert, wenn aus diesem Streben nach mehr ein Geschäftsmodell geworden ist? Ein Geschäftsmodell in der Forschung, in dem in Zeiten des Kapitalismus Quantität statt Qualität zählt?
Das kann nicht sein? Forschung ist doch unabhängig? Denkste!
Raubtierverlage und das Geschäft mit der Pseudowissenschaft: Fake-Studien sind weit verbreitet
So genannte Raubtierverlage (Predatory Publishers) sprießen seit ca. zehn Jahren wie Pilze aus dem Boden und verwässern die Forschung. Die Qualität leidet. Und das hat Konsequenzen.
Doch was passiert, wenn wissenschaftliche Gütekriterien nicht eingehalten und Peer Review zum Kasperltheater wird oder gar nicht stattfindet? Wenn eine Überprüfung der Studien ausbleibt, diese Studien aber dennoch veröffentlicht werden, sobald die Kosten für die Veröffentlichung bezahlt wurden? Was hat das für Folgen?
Der Journalist Peter Onneken zeigt in seinem Enthüllungsvideo, wie erschreckend einfach es für Jedermann sein kann, sich in den Hof der Wissenschaft zu begeben und sich eine Reputation als Wissenschaftler zu erschleichen.
Noch einmal: Da wird sich mit falscher Wissenschaft der Zugang zu unser aller Vertrauen erkauft. Was haben diese Studien mit echter Wissenschaft zu tun? Und viel wichtiger: Welche Konsequenzen zieht das nach sich? Was bedeuten solche Studien für unseren Fortschritt? Für unsere Umwelt? Für unsere Gesundheit?
Ich persönlich finde diese Entwicklung höchst bedenklich. Studien, die gar keine sein dürften, werden ohne echte Überprüfung publiziert. Viel schlimmer noch. Sie werden zitiert und könnten für neue wissenschaftliche Erkenntnisse als Grundlage hergenommen werden. Doch das ist Fake! Das ist unseriös! Das ist keine Wissenschaft! In meinen Augen ist das kriminell. Und im Gesundheitssektor kann das gar tödlich enden. Ich möchte hier auch nicht alle möglichen Szenarien aufstellen und Beispiele lassen sich genügend finden. Das Weiterdenken ist an dieser Stelle ausdrücklich erwünscht.
Aufdeckung von Fake-Studien und deren Autoren: Eine Hilfestellung
Für Nicht-Wissenschaftler ist es nicht gerade einfach, eine echte Studie von einer Fake-Studie zu unterscheiden. Doch es gibt unter anderem Beall’s Liste von Raubtierverlagen. Diese Liste bietet einen guten Anhaltspunkt für unseriöse Veröffentlichungen in der Forschung. Studien, die von Verlagen auf dieser Liste veröffentlicht wurden, sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Natürlich mag es immer auch Ausnahmen hiervon geben. Sicherlich findet man echte Studien von Verlagen auf Beall’s Liste und sicherlich mag es Gründe dafür geben, weshalb man nicht den steinigen, üblichen Weg gegangen ist, sondern sich die Veröffentlichung erkauft hat. Doch trotz allem ist dies ein bitterer Beigeschmack und lässt an der Seriosität zweifeln.
Fazit
Das Vertrauen in die wissenschaftliche Forschung wird durch diese Fake-Studien geschwächt. Wir wiegen uns in falscher Sicherheit. Und diese Schein-Sicherheit kann fatale Folgen haben. Im Schlimmsten Fall stehen wir mit Leib und Leben dafür gerade. Deswegen sollten wir unser Vertrauen nicht blind in irgendwelche Studien oder hochtrabende Namen setzen, sondern unser Hirn anschalten – deswegen ist es schließlich da – und hinterfragen, überprüfen, sich auseinandersetzen. Ja, das mag aufwändig sein, das mag unbequem sein. Doch der Preis, den man möglicherweise für Bequemlichkeit oder Unwissenheit bezahlen muss, ist sehr wahrscheinlich der Höhere. Und am Schlimmsten trifft es diejenigen, für die wir verantwortlich sind. Seien es Kinder, körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen, alte Menschen, Haustiere, aber auch alle anderen auf unserer gemeinsamen Heimat Erde Wohnenden.
Weiterführende Links
Raubtierverlage (Predatory Publishers)
Springer-Link – Über Raubtierverlage und Linksammlung
© Susanne Galla